Der Weg ins Glück ist verborgen im Herzen



Donnerstag, 22. September 2016

In der Schule der Vögel von Medjugorje
Von Franziskus von Ritter-Groenesteyn
Es war der der fünfte Tag meiner Pilgerreise und es war am Abend des vierten Tages unseres Hierseins in Medjugorje. Es war um die Zeit des Abendgebets. Von diesem Ort im Herzen der Herzegowina sagt man ja, er sei eine Schule des Gebets. Und in der Tat lernt der Mensch dort in der Schule der Gospa im scheinbar monotonen Rhythmus slawischer Klänge „stravo mario milosti puna“[i] Handys beiseite zu legen, Sorgen abzulegen, zur Ruhe zu kommen, „ti medschu schenema“. Die wie wild in unserer Gedankenwelt herum hummelnden Wespen kommen zur Ruhe.

Drei Stunden und das jeden Abend. Mein ganzes Sein bäumt sich dagegen auf. Wort für Wort sickert die verabreichte Medizin in das Herz und schmeckt zunächst nur bitter. Doch Wort für Wort nimmt das Herz das darin verborgene Licht in sich auf. Die Dunkelheit muss weichen. Drei Stunden Gebet sind für einen hektischen Stadtmenschen in erster Linie drei Stunden sitzen und jeden einzelnen Muskel und Knochen spüren. Hart aber herzlich. Drei Stunden bedeutet: Litaneien, zwei Rosenkränze, eine Heilige Messe, noch ein Rosenkranz und dann noch ein Heilungsgebet bis das Licht der Sonne dem Glanz erster Sterne weicht.



Eine lange Zeit. Eine Zeit des Herumschauens, des Beobachtens. Das Gebet schärft den Blick. Das Gebet ist eine Brücke zu Gott. Es ist eine Schallbrücke: Über sie können wir das leise, sanfte Säuseln seiner Stimme im Rauschen der Blätter hören, im Zwitschern der Vögel über uns. Das Gebet ist eine Brille: Durch sie können wir das Wirken Gottes erahnen. Wir sehen es in den Wolken über uns. Wir sehen es im Vorbeiflug der Vögel. Und ja, so führt mich das „sweta mario maiko boscha“ in die Schule der Vögel von Medjugorje.

Man sagt ja, durch das Gebet lasse sich alles erreichen, Kriege verhindern, das Dunkle vertreiben. Und genau dies wollen mir die Vögel über mir, über meinem Kopf an diesem heißen Sommerabend sagen. Es ist eine Choreographie von himmlischer Hand inszeniert, um mich zu lehren und jeden, der darauf achtet.

Drei Mal habe ich nun bereits diesen Abend erlebt. Und eines fiel mir schon am ersten Abend auf: ein Flug der Vögel von Ost nach West in halsbrecherischer Jagd über unsere betenden Köpfe hinweg. Abend für Abend versammelt sich so eine lustig zwitschernde Schar tausender von Spatzen in den drei westwärts gerichteten Laubbäumen des großen Gebetsplatzes, und es scheint, als wollten sie so, auf ihre Weise, in das Abendlob der Menschen miteinstimmen.

Nur, dieser Abend war anders. Dunkle, schwarzgefiederte Krähen umkreisten die beiden Kirchtürme des Ortes. Völlig unbekümmert, ja fast frech dreist, saßen sie auf den beiden Turmkreuzen. Je zwei auf dem Querbalken und je eine auf der Spitze des Längsbalkens. 

Unwillkürlich musste ich an die Taubenjagd vor zwei Jahren auf dem Petersplatz denken. Eine weiße Taube, im Januar 2014 als Symbol des Friedens von Papst Franziskus freigelassen, wurde von einer Möwe und einer Krähe attackiert und entkam nur knapp ihrem Schicksal. Jetzt hier an der Stätte immerwährenden Friedensgebets sitzen Krähen zu Scharen auf dem Symbol unserer Kirchengemeinschaft. Es wirkt bedrohlich. 

Doch dann zieht das Heer der Spatzen ein. In immer neuen Schwärmen sausen sie über unsere Köpfe in halsbrecherischem Tempo hinweg. Zuvor sammeln sie sich in drei Nadelbäumen im Osten. Für mich das Symbol der Dreifaltigkeit. Sind diese Bäume doch unmittelbar hinter der Anbetungskapelle gepflanzt worden und sind die Kronen ineinander verwachsen mit der mittleren als der höchsten. 



Dort sammeln sich die Heeresabteilungen der kleinen, gefiederten Kämpfer und fliegen dann gemeinsam über das Heer der Beter unter ihnen hinweg, hinein in die Bäume im Westen. 



Dort vereint sich ihr Gesang mit dem Gezwitscher ihrer Artgenossen und die Krähen, oh Wunder, ziehen ab.



Doch damit nicht genug, zwei Tauben fliegen ein. Symbol des Heiligen Geistes. Zwei Turteltauben, denn sie sind ganz offensichtlich verliebt. Es ist wie ein Kuss der Liebe unseres Schöpfers. Sie setzen auf ein anderes Kreuz. Es liegt tiefer. Es ist der krönende Abschluss, die Spitze des Zeltdaches, das den Altar darunter sicher beschirmt. Sie sitzen also an jenem Ort, wo Abend für Abend das Abendlob der Menschen erklingt. Und dort bleiben sie, bleiben bis zur Mitte der Predigt. Erst dann fliegen sie davon.



Doch was machen die Spatzen? Sie senden Boten aus, die die noch fehlenden Artgenossen zu holen. Derweil zwitschert und zwatschert es im Takt des Rosenkranzes „Salaam mumalaiki Marijam, der Herr sei mit dir.“
Ab und an verlässt die Taube zur Linken ihren Kreuzesplatz und zieht eine Schleife über die Beichtstühle. Eine Aufforderung? Sie kehrt auf das Kreuz zurück.

Dann, zu Beginn des vierten Gesätzes des zweiten Rosenkranzes, die Kreuztragung Christi, kehren die Krähen zurück, erobern erneut die Kirchturmkreuze. Sie verharren dort bis zum Ende des fünften Gesätzes, Christus wird gekreuzigt. Das Heer der Spatzen setzt zum Crescendo an, vereinigt sich mit den Glockenklängen zu Beginn der Heiligen Messe. Und so werden die Krähen endgültig vertrieben. Die beiden Kreuze sind wieder frei und bleiben es auch bis sich dort zwei Wächter niederlassen: Es sind zwei Turmfalken. Wie die Wächter auf den Zinnen der Stadtmauer von Jerusalem halten sie von dort Ausschau nach dem Feind. Die Stadt zu ihren Füßen kann derweil im Frieden ruhen.



Und dann kurz vor der Wandlung, kurz vor der Vergegenwärtigung des Allerheiligsten verstummen die Spatzen in stiller Ehrfurcht vor der Größe ihres Schöpfers und ich in Ehrfurcht vor ihrer Lehre.
„Preist den Herrn all ihr Vögel am Himmel; lobt und rühmt ihn in Ewigkeit“ Dan 3,80. Es war der Vorabend des vierten auf den fünften Tag, da erschuf Gott die Vögel des Himmels. Gen 1, 20.



[i] Wie gehört, nicht wie geschrieben

Dienstag, 6. September 2016

Mary’s Land – ein Film erobert die Welt

In aller Stille erobert derzeit ein Film die Herzen seines Publikums. „Die Leute kommen weinend aus dem Kino“, sagt sichtlich bewegt von der mächtigen Reaktion auf sein Werk, der spanische Regisseur und Produzent Juan Manuel Cotelo.
Was ist das Geheimnis von „Mary’s Land“? Der Film ist kein Blockbuster und doch lief er bereits in 25 Ländern und setzt seinen Siegeszug Herz um Herz unaufhaltsam fort. Allein in Rom standen 600 Menschen vor dem Cinema Adriano und warteten vergebens auf Einlass: Wegen Überfüllung geschlossen.
Ihnen blieb die Zeit das Filmplakat zu studieren: Eine junge Frau umarmt die Welt in einer Weise als sei sie mit ihr schwanger, umfängt sie mütterlich, warmherzig mit einem Blick voller Güte.
Es ist ein Film ohne Staraufgebot. Keine Meryl Streep, kein George Clooney ködern den Mainstream. Doch halt! Ihre Körper sind nicht da, ja, wohl aber ihre Stimmen. Genauer ihre Synchronstimmen. Ist es das, was das Publikum unterschwellig erkennt?
Ist es die Musik? Ja, sie erinnert an den großartigen Film „Gladiator“. Und ja, mache Szenen sind durchaus martialisch. Doch reicht das für diesen Erfolg?
Was fasziniert Menschen an einem Film, der keinen richtigen Plot hat? Nur einige wenige optische Effekte, die sich um einen Baum der Erkenntnis ranken? Wie erfahren Menschen von einem Film, der von den Mainstream Medien schlicht übersehen wird? Ist das die Antwort: „Sie operieren überall, auf allen fünf Kontinenten!“?
Warum tun sich Filmkritiker so schwer den Film einzuordnen? Ist er nun ein Liebesfilm oder doch ein Horrorschocker? Ist er Dokumentation oder Drama? Oder gar eine Komödie? Welcher Kategorie gehört er nur an? Cotelo lacht darüber. Er wundert sich nur, warum noch keiner auf die Idee gekommen ist, seinen Film einfach einmal nach seiner Wirkung zu beurteilen. Und diese Wirkung hat es in sich! Das Herz wird im Innersten erschüttert, mit phänomenalen Folgen des Wohlbefindens.
Alexandra, die diesen Film nun schon über zum 10mal gesehen hat, beschreibt es so: „Obwohl ich den Film jetzt schon so oft gesehen habe, entdecke ich immer wieder etwas Neues, was mich berührt.“ Soviel steht fest: Was es ist, das einem ins Herzen spricht, ist für jeden etwas anderes. Vielleicht war es dies: „Ich hörte wie sie sagte: Sohn ist es nicht genug, willst du nicht nach Haus kommen?“
Was ist es für die Hauptfigur des Films, den Teufelsadvokaten?
Cotelo hat den Mut und spielt in selber, den advocatus diaboli, eine Mischung aus „James Bond“ und „Schirm, Charme und Melone“. Mut wird belohnt, man bringt ihm im Film ein Lächeln entgegen. Warum nur fürchtet sich niemand vor dieser unheimlichen Gestalt? Und wer ist diese korrekt gekleidete weibliche Person mit Kurzhaarschnitt und strengem, klerikalen Habitus? Der Auftraggeber? Letztlich bleibt er im Nebel des Unausgesprochenen.
Ist es eine Staatsmacht, die eine Revolution von unten fürchtet? „Sie können es als regelrechte Weltrevolution bezeichnen, angezettelt von völlig normalen Durchschnittsmenschen.“ Oder ist es die Kurie, in der schon viele vom Glauben abgefallen sind? Ist es eine Wirtschaftslobby, die um ihre Pfründe bangt? Oder sind es gottgleiche Wissenschaftler, denen ein personaler Schöpfer ein Ärgernis ihres überzüchteten Egos ist? „Wenn das wahr wäre“, sagt die Dame mit dem streng klerikalen Habitus, „das wäre ungeheuerlich, dann…“. Der Gedanke, die Konsequenz, sie bleibt im Unfassbaren unausgesprochen, denn sie ist für jeden eine andere!
Cotelo alias Anwalt des Teufels macht sich auf die Suche nach Antworten.
Wer steckt hinter dieser Weltrevolution? Es gibt nur vage Hinweise: „ein Vater ein Sohn und ein Bruder. Es gibt auch noch eine Frau. Sie nennen sie Mutter“. Klingt wie Mafia.
Antworten findet der Advokat ausgerechnet bei personae non gratae, in Ungnade gefallenen Menschen. Die Antwort, die sie geben, ist eine Möglichkeit für das eigene Leben, nicht mehr. Doch sie geben unserem Möchtegern James Bond mit seinem Regenschirm aus Abteilung Q eine Anregung „tiefer zu graben“. „Gehen sie weiter, bis ganz nach oben!“ so lautet seine Order. Und diese Dienstanweisung an einen Unterteufel führt ihn an Orte, die er freiwillig nie besucht hätte.
Ausgesetzt im Seelendschungel seines eigenen trostlosen Lebens hört er sagen „wieso tust du mir weh?“ und findet Orte des Lichts in strahlenden Kinderaugen. Sie führen ihn zu noch strahlenderen Augen von Sehern, welche mütterliche Augen der Güte schauen durften. Unausgesprochenes spiegelt sich in ihrem Blick, eingebettet in ein Lichtermeer aus Kerzen und Gebet. Ein Meer das nach Mehr verlangt. Es sind archetypische Bilder der Seele und sie dringen tief, bringen eine Saite in uns zum Klingen, die schon viele von uns vergessen haben. Die Stimme war, so sagen seine Verhörten, „wie eine Liebkosung“.
Unser Advokat im Dienste eines Höheren fühlt sich bei seinen Recherchen zunächst ganz in seinem Element. Ein Massenmörder, ein glamouröses Model, ein perverser Transgender. Doch was verbindet Massenmörder und Model? Warum schauen sie so glücklich, voll inneren Friedens? Was ist so faszinierend an dem von Botox entstellten Gesicht eines Transvestiten? Ist es dieser Blick kurz aufkeimender Hoffnung innigst geliebt zu sein, trotz eines gefangenen Lebens im Schmutz und Morast der Lust? Was klingt an in uns, wenn wir Tränen der Freude im Gesicht des Models sehen? Wenn sie sagt: „Ich weine vor Freude, wenn ich nur daran denke. Denn Gottes Gegenwart, die möchte ich so gerne wieder spüren.“
Ja, der Film ist das geworden, was Cotelos Herz bewegt hatte ihn zu machen: Es ist ein emotionaler Film von der „Sehnsucht Gottes nach seinen Kindern“ und man sollte Taschentücher dabei haben, wenn man in der glücklichen Lage ist, Tickets bekommen zu haben. Denn da der Film vom Mainstream ignoriert wird - schließlich kommt er nicht aus der CGI Schmiede Hollywoods - läuft er gerne in Programmkinos (in Österreich sogar im Cineplexx). Und besonders gerne dann, wenn sich sein potentielles Publikum via Email-Bekundung, online-voting oder einfach per Telefon, bemerkbar macht. Dann läuft der Film dort still aber eindrücklich und vor allem nachhaltig, d.h. bis zu sechs Monate sind dann durchaus drin. Wie etwa in Wien im Cineplexx Village Cinema zur Premiere am 29. Ende September mit Juan Manuel Cotelo?! Lassen wir uns überraschen.

Nun also, was ist es denn jetzt, was den Film so besonders macht? Am Ende kann man es nur herausfinden, wenn man den Film gesehen hat. Doch Vorsicht! Er ist lebensverändernd gut!